“Islam-Landkarte” bis auf weiteres eingeschränkt
Wegen einem Wechsel des IT-Betreibers ist die “Islam-Landkarte” laut dem Projektbetreiber Ednan Aslan aktuell nur in einer eingeschränkten Form verfügbar. Forderungen, die Seite einzustellen wurden viel lauter, seitdem rechtsextreme Gruppen “Warnschilder” in der Nähe der islamischen Einrichtungen angebracht hatten.
Der Betreiberwechsel bedeutet, dass vermutlich bis kommende Woche die Suchfunktion nicht genützt werden kann. Angaben von Mouhanad Khorchide, dem Leiter des Beirats der Dokumentationsstelle politischer Islam, wonach zur Nutzung künftig eine Registrierung notwendig sein werde, dementierte Aslan zunächst.
In einer neuen, diesmal schriftlichen Stellungnahme zu Mittag erklärte er, es gebe Überlegungen in Richtung eines Anmeldesystems: „Klar ist aber, dass die volle Transparenz und der Zugang zu den Informationen nicht eingeschränkt werden darf.“ Es werde nun auch universitätsintern diskutiert, was hier die beste Lösung sei.
Offline genommen werde die Karte jedenfalls nicht: „Wir lassen unsere wissenschaftliche Arbeit weder durch rechtsextreme Vereinnahmung noch durch islamistische Drohungen zunichtemachen“, sagte Aslan. Sobald die IT-Änderungen vorgenommen worden seien, werde das Projekt wieder online gehen.
Grüne Integrationssprecherin will Überarbeitung
Die grüne Integrationssprecherin Faika El-Nagashi hatte davor in einer Aussendung gemeint: „Es braucht jetzt eine Ruhephase, in der das Projekt offline genommen und grundlegend überarbeitet wird.“ Sicherheit, Datenschutz und der Dialog mit den Betroffenen müssten in die DNA dieses Projekts eingebaut werden.
Spätestens mit dem am Mittwoch bekanntgewordenen Aufruf rechtsextremer Gruppen, muslimische Einrichtungen mit einem Schild im Stadtbild zu „markieren“, sei die Landkarte zu einem ernstzunehmenden Sicherheitsproblem geworden.
„Warnschilder“: Verfassungsschutz ermittelt
„Warnschilder“ in der Nähe von islamischen Einrichtungen hatten am Mittwoch für Aufsehen gesorgt. Diese trugen die Aufschrift „Achtung! Politischer Islam in deiner Nähe.“ und verwiesen auf die Landkarte. Hinter der Aktion werden die rechtsextremen Identitären vermutet.
Inzwischen hängen viele Schilder nicht mehr: Wie die Landespolizeidirektion erklärte, wurden die Schilder am Mittwoch entfernt, teils physisch sichergestellt und dem Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) übergeben, das die Ermittlungen übernahm – mehr dazu in wien.ORF.at.
Opposition fordert Einstellung
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) verurteilte die Aktion. Die Wiener ÖVP versicherte, dass das Ziel der Landkarte die „Transparenz und Sichtbarmachung von islamischen Netzwerken und Vereinskonstruktionen“ sei.
Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) sah sich indes in ihrer Kritik an der Landkarte bestätigt, wie der “orf.at” berichtet und forderte Raab auf, unverzüglich die Offline-Stellung der „Islamlandkarte“ zu veranlassen – mehr dazu in religion.ORF.at. Die Landkarte umgehend zu entfernen, verlangten auch NEOS und SPÖ. Diese schüre Hass und spalte die Gesellschaft, so etwa die SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz.
Kritik an Spaltung der Gesellschaft
„Spaltung der Gesellschaft kann und darf nicht Ziel der Politik sein“, heißt es auch in einer Stellungnahme der Ordensgemeinschaften zur „Islam-Landkarte“, über die die Kathpress berichtet. Die Folgen nach deren Veröffentlichung „erinnern an eine der schlimmsten Zeiten in diesem Land. Gläubige Menschen werden hier pauschal und ohne Grundlage stigmatisiert und angeprangert, so etwas darf nie wieder vorkommen,“ zeigte sich Christine Rod, Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz, „erschüttert“ über die zuletzt angebrachten „Warnschilder“ – mehr dazu in religion.ORF.at.
Scharfe Kritik kam auch von jüdischer Seite. „In einer Zeit, in der viele Umfragen bestätigen, dass die antimuslimische Stimmung in Österreich und in ganz Europa zunimmt“, stigmatisiere die Landkarte alle in Österreich lebenden Muslime als potenzielles Sicherheitsrisiko, erklärte am Donnerstag der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner und Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt: „Wir fordern die österreichische Regierung nachdrücklich auf, ihre Verpflichtungen zur Achtung der Rechte auf Vereinigungsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit einzuhalten“, so der Rabbiner laut Kathpress.
600 Einrichtungen erfasst
Die Dokumentationsstelle politischer Islam hatte vor einer Woche eine Landkarte mit muslimischen Organisationen und Kultusgemeinden in Österreich vorgelegt. Über 600 derartige Einrichtungen wurden darin erfasst. Doch seit ihrer Einführung gibt es Kritik daran. Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) etwa sieht darin eine „Grenzüberschreitung“ und will rechtlich dagegen vorgehen. Die Uni Wien untersagte bereits die Verwendung ihres Logos.
Auf der Website heißt es seitens Aslans derzeit: „Ich bedaure sehr, dass es in den letzten Tagen vermehrt zu politischer Instrumentalisierung gekommen ist und dass mittlerweile auch verschiedenste Rechtsextremisten den Zweck dieses Projektes völlig konterkarieren.“ Er fordere „alle Seiten zur Rückkehr zu einer sachlichen, wissenschaftlich fundierten Diskussion auf“.