Einfach Ludwig
Gastkommentar von Johannes Huber. Der Bürgermeister gilt als Superstar der österreichischen Sozialdemokratie. Dabei riskiert er nichts, schon gar nichts Neues.
Das Betonierer-Image bringt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nicht mehr weg. Verpasst worden ist es ihm von ein paar Klimaschutzaktivisten und indirekt auch vom Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ). Dieser bezeichnete Gegner des Lobautunnels und der Stadtstraße auf dem roten Landesparteitag als „Heisln“. Ludwig zeigte sich amüsiert darüber. Schaden wird’s ihm nicht: Eine Mehrheit der Bevölkerung ist für die beiden Verkehrsprojekte und damit zumindest in dieser Frage auf seiner Seite. Ein Problem bleibt jedoch für ihn.
Der Bürgermeister gilt nicht wenigen Menschen in Österreich als Superstar der Sozialdemokratie, der für eine neue Politik steht. Hier aber wird deutlich, dass er diesem Anspruch nicht gerecht wird. Er macht eher alte Politik, die es nicht versteht, mit ein paar aufmüpfigen Jugendlichen umzugehen. Wie gesagt: In der Sache ist sein Kurs im Sinne einer Mehrheit. Für die SPÖ gibt es aber auch ein Darüber-hinaus: Unter den Jugendlichen schlummern mit Sicherheit ein paar Talente für die Politik, von denen sie so gut wie keine mehr hat. Im Übrigen geht es um ein Zukunftsthema, bei dem sie keine herausragende Rolle spielt. Sie setzt lieber andere Prioritäten, fordert etwa, für eine vorübergehende Spritpreisreduktion mit einer CO2-Besteuerung zuzuwarten.
Bundesweit Respekt und Anerkennung hat Ludwig in der Coronapandemie gewonnen. Während Maßnahmen auf Bundesebene und in den meisten übrigen Ländern (gefühlt) täglich geändert werden, bleibt er konsequent bei einer Strategie: Größtmögliche Vorsicht, ist seine Devise. Verhältnisse wie in Salzburg und in Oberösterreich, wo die Spitäler im vergangenen Herbst vor dem Kollaps standen, sind Wien dadurch erspart geblieben.
Zu einer Erneuerung der Sozialdemokratie wird das aber nicht beitragen. Dazu wäre viel mehr nötig. Vor allem auch in Wien: Es geht zum Beispiel um Transparenz und Entparteipolitisierung. Nicht nur Türkise auf Bundesebene müssen Schluss machen mit Inseratenkorruption, auch in der Bundeshauptstadt muss willkürlichen Auftragsvergaben an parteinahe Unternehmen ein Ende gesetzt werden. Man kann sich wundern darüber, dass die SPÖ genauso wenig Interesse an entsprechenden Regelungen zeigt wie die ÖVP: Notwendig ist die Abschaffung des Amtsgeheimnisses bzw. die Einführung echter Informationsfreiheit gefordert sind gläserne Parteikassen und so weiter und so fort.
Die Wiener SPÖ steht mit ihrer Geschichte für große Errungenschaften, wie den Gemeindebau und eine umfassende Versorgung der Bevölkerung. Bis in die jüngere Vergangenheit engagierte sie sich auch leidenschaftlich für Ideen wie die Gemeinsame Schule. Irgendwann hat das jedoch aufgehört und ist auch nichts mehr nachgekommen. Die Partei bemüht sich eher nur, zu verwalten, was ist. Michael Ludwig steht dafür.