Rechnungshof soll mehr Einblick erhalten
Bei der Reform der Parteifinanzierung ist sich die Koalition einig. Dies ist ein wichtiger Eckpunkt für die geplante Initiative für mehr Transparenz in der Politik. Zum ersten mal soll der Rechnungshof nun Einblicke in die Parteifinanzen erhalten. Bei den Verhandlungen mit der Opposition ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Wie die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer und der ÖVP-Abgeordnete Andreas Ottenschläger bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag mitteilten, wird der Rechnungshof künftig bei begründetem Verdacht die Möglichkeit zur Einsicht in die Belege erhalten. „Bisher musste er glauben, was die Parteien ihm sagen“, so Maurer. Im Streitfall soll künftig der Verfassungsgerichtshof (VfGH) über ein Einblicksrecht entscheiden.
Ein eigener Bericht über Wahlkampfaufwendungen muss innerhalb eines halben Jahres vorgelegt werden. Vorerst nicht umfasst ist die Bundespräsidentenwahl. Diese soll in einem weiteren Schritt ebenfalls einbezogen werden, so Ottenschläger. Ziel der Koalition ist es, das jetzige Paket mit möglichst breiter Mehrheit bis zum Sommer zu beschließen.
Mehr Klarheit bei Spenden
Transparenter werden soll zudem das Spendenmeldesystem. Namen (und Summen) der Geber werden ab Zuwendungen von 500 Euro genannt. Bereits jetzt erlaubte Obergrenze von Einzelspenden ist bei rund 7.500 Euro. Als Bagatellgrenze wird eine Zuwendung von maximal 150 Euro eingezogen. Zwischen 150 und 500 Euro werden Namen und Summen zwar dem Rechnungshof gemeldet, die Angaben werden aber nicht veröffentlicht. Die Meldungen sollen quartalsweise erfolgen.
Auch der Rechenschaftsbericht selbst, den die Parteien erstellen müssen, wird laut Ottenschläger reformiert: Es soll klare Vorgaben geben, wie dieser aufgebaut sein muss, um auch die Vergleichbarkeit sicherzustellen, wie der “orf.at” berichtet. In den Anlagen müssten etwa die Gliederungen jeder Partei, Sponsoring und Werbekosten aufgeführt werden.
Mehr parteinahe Organisationen werden umfasst
Es sollen künftig auch mehr den Parteien nahestehende Organisationen umfasst werden, hieß es ganz allgemein. Vorfeldorganisationen sind derzeit eines der größten Schlupflöcher bei der Parteien- und Wahlkampffinanzierung.
Höhere Strafen drohen
Auch die Sanktionen sollen deutlich verschärft werden, wobei keine genauen Zahlen für drohende Strafzahlungen genannt wurden. Maurer sagte aber, wenn man derzeit 800.000 Euro für Wahlkampfkostenüberschreitung zahlen müsse, würden es künftig acht Millionen Euro sein. Da werde man es sich als Partei künftig gut überlegen und könne die Strafzahlung nicht mehr quasi in die Wahlkampfkosten vorab einkalkulieren, zeigte sich die grüne Klubchefin überzeugt.
Für die Verfälschung des Rechenschaftsberichts droht laut Plan eine Strafe bis zu 50.000 Euro. Und wenn eine Partei einen Rechenschaftsbericht nicht liefere, können die Sanktionen bis zum Sistieren der öffentlichen Parteienförderung gehen.
Gegen Prüfrecht von Zweckmäßigkeit der Ausgaben
Bewusst nicht eingegangen sei man auf den Wunsch des Rechnungshofs, die Mittelverwendung der Parteienförderung auf Zweckmäßigkeit zu prüfen – der RH wollte auch unterbinden, dass staatliche Förderungen zur Begleichung von Strafen für Wahlkampfkostenüberschreitungen oder die Annahme illegaler Spenden eingesetzt werden dürfen.
Der Eindruck sei, dass auch die anderen Parteien hier skeptisch seien, meinte Ottenschläger. Man wolle einen fairen Wettbewerb gewährleisten, aber jede Partei solle selbst entscheiden können, wie sie mit ihren finanziellen Mitteln umgehe.
Verhandlungen mit Opposition und RH
Nun sind Verhandlungen mit der Opposition geplant, da eine möglichst breite Mehrheit angepeilt wird. Nötig ist jedenfalls die Zustimmung entweder von SPÖ oder FPÖ, da es eine Zweidrittelmehrheit braucht.
Deren Vertreter waren schon Montagvormittag über den Gesetzesentwurf informiert worden. Ottenschläger betonte, man sei für Vorschläge der anderen Parteien offen. Kritik gab es umgehend an weiter möglichen großen Schlupflöchern und daran, dass die heurige Bundespräsidentschaftswahl davon noch nicht umfasst werden soll.
Grundsätzlich positiv äußerten sich die Oppositionsfraktionen SPÖ, FPÖ und NEOS. Der Vorschlag war ihnen präsentiert worden, bevor ÖVP und Grüne damit am Montag an die Öffentlichkeit gingen. Bei aller Verbindlichkeit gab es aber auch Kritik, vor allem vonseiten der FPÖ.
Für die FPÖ kritisierte Generalsekretär Michael Schnedlitz, dass Transparenz sogar zurückgefahren werde. Derzeit seien etwa unter gewissen Voraussetzungen Sofortmeldungen von Spenden vorgesehen, das solle hinkünftig entfallen. So könne etwa in Wahlkampfphasen die Spendentransparenz völlig zur Seite geschoben werden, meinte er.
RH begrüßt Reform
Auch mit dem Rechnungshof will die Koalition verhandeln. Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker begrüßte die von den Koalitionsparteien vorgelegte Reform. Sie sprach von einem „wichtigen Schritt für mehr Transparenz und Kontrolle“. Gleichzeitig äußerte sie die Hoffnung, dass auch die Oppositionsparteien diese Reform mittragen. Da sich die versprochene Reform immer wieder verzögerte, hatte im Herbst Kraker den ungewöhnlichen Schritt gemacht und selbst einen Entwurf öffentlich präsentiert.
„Vollständige Transparenz“ versprochen
Schärfere Regeln für die Parteienfinanzierung gelten als Prestigeprojekt der Grünen. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wollte die „gläsernen Parteikassen“ eigentlich schon 2020 ins Ziel bringen, wurde aber – unter anderem – von der Pandemie gebremst. Wegen gleich mehrerer Korruptionsermittlungen und Enthüllungen steht die ÖVP politisch unter Druck. Zudem beginnt nächste Woche der ÖVP-U-Ausschuss.
Zwei weitere wichtige Bausteine
Für ein umfassendes Transparenzpaket fehlen dann weiterhin zwei Teile: Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses über ein „Informationsfreiheitsgesetz“ hängt nach wie vor in der Luft, hier gab es schwerwiegende Einwände von Ländern und Gemeinden. Auch die angekündigten neuen Antikorruptionsbestimmungen gibt es noch nicht. Kogler hatte zuletzt in der Diskussion über geheime Sideletters der Regierung Druck in Richtung Koalitionspartner für die Umsetzung der Transparenzvorhaben gemacht und darauf verwiesen, dass zu beiden Themen längst fertige Vorschläge bei der ÖVP liegen.