Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose vor Comeback

Das 2017 gestartete Förderprogramm durchlebte eine Achterbahnfahrt. Türkis-blau kürzte die Aktion drastisch, nun steht sie vor einer Neuauflage. Macht das Sinn?

Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose vor Comeback

Sie arbeiten als Aushilfe im Kindergarten, mähen den Rasen oder erledigen Reparaturarbeiten in den Gemeindegebäuden. Sie helfen in Stadtmuseen oder beraten Touristen. Was sie verbindet: Sie sind alle über 50 Jahre und hatten keine Chance auf einen Job, bis per Gesetz die Schaffung tausender geförderter Stellen beschlossen wurde.

Die Rede ist von der Aktion 20.000. Mitte 2017 hatte die damalige Koalition aus SPÖ und ÖVP beschlossen, das Förderprogramm aufzulegen, zunächst für zwei Jahre.

Für Menschen über 50, die seit mindestens einem Jahr keinen Job finden und bei einer Gemeinde oder einem gemeinnützigen Verein unterkommen, übernahm die öffentliche Hand die Kosten. Den größten Teil schoss der Bund über das Arbeitsmarktservice (AMS) zu. Das Projekt macht seither eine Achterbahnfahrt durch.

Die türkis-blaue Koalition strich das Programm schon einige Monate nach dem Start zusammen.

Statt der geplanten 20.000 Menschen wurden nur 3800 Personen auf geförderte Stellen vermittelt, und es galt als sicher, dass nach zwei Jahren überhaupt Schluss ist.

Nun allerdings könnte die Aktion ein Revival feiern.

Antrag findet Unterstützer

Im Nationalrat gibt es einen Antrag der SPÖ, das Programm in seiner abgespeckten Form um ein weiteres Jahr zu verlängern. Gemeinsam mit FPÖ und der Liste Jetzt wurde beschlossen, dass der SPÖ-Antrag in der nächsten Plenarsitzung des Nationalrats behandelt werden muss. Das ist spätestens am 25. September der Fall. Die FPÖ bleibt zwar bei ihrer Kritik an der Aktion 20.000, die sie insgesamt als “Sackgasse” bezeichnet.

Nach der Zustimmung der Blauen zum erwähnten Fristsetzungsantrag gilt es allerdings als sehr wahrscheinlich, dass die FPÖ einer limitierten Neuauflage zustimmt – es ist immerhin auch Wahlkampf. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein war am Montag für den STANDARD nicht erreichbar.

Der Antrag sieht vor, dass Dienstgeber, die vor dem 1. Juli 2019 Personen im Rahmen der Aktion 20.000 beschäftigt haben, für weitere zwölf Monate eine Förderung durch das AMS beantragen können, wenn sie die betreffende Person weiter beschäftigen. Die Förderung wird auch rückwirkend ab Juli ausbezahlt.

Etwa ein Drittel der 3800 Beschäftigten wird von den Gemeinden nach dem Auslaufen der Aktion ohnehin weiterbeschäftigt. Sie können also die Förderung beantragen – Gemeinden könnten aber auch für neue Arbeitskräfte die Förderung beantragen.

Aber macht das ganze überhaupt Sinn? Neben der SPÖ sind es derzeit vor allem Ökonomen der Arbeiterkammer wie Markus Marterbauer, die eine Neuauflage der Aktion 20.000 fordern. In Österreich sinkt die Arbeitslosigkeit zwar noch. Aber dieser positive Trend greift für ältere Jobsuchende nicht mehr, so das Argument.

Die Zahl der Arbeitslosen inklusive Schulungsteilnehmer ist bei den unter 25-Jährigen im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 9,4 Prozent gefallen. Bei den 25- bis 50-Jährigen gab es einen Rückgang von 6,1 Prozent. Die Zahl der Jobsuchenden über 50 stieg dagegen um 1,6 Prozent an.

Hier wirkt auch ein demografischer Effekt. So gibt es am Arbeitsmarkt heute deutlich mehr ältere Beschäftigte als in der Vergangenheit, weil die Gesellschaft altert. Ältere Menschen machen sich grundsätzlich nicht schlecht am Arbeitsmarkt, sagt Ulrich Schuh vom Wirtschaftspolitischen Zentrum WPZ Research.

Viele Unternehmen schätzen erfahrene Beschäftigte, in einem Abschwung verlieren zumeist Jüngere den Job. Dank der gestiegenen Beschäftigung unter Älteren sinkt die Arbeitslosenquote bei den über 50-Jährigen sogar.

Ist der Job einmal weg …

Das Problem ist aber, dass ältere Menschen, wenn sie den Job einmal verlieren, nur noch schwer wieder unterkommen, und zwar selbst dann, wenn die Konjunktur floriert.

So ist die Hälfte der 94.000 Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer über 50 aktuell langzeitarbeitslos. Ökonom Schuh sagt, dass es daher Sinn mache, ein Programm zur gezielten Förderung für Ältere aufzulegen.

Dass die Aktion 20.000 in ihrer ursprünglichen Form Geschichte ist, sei gar kein Drama.

Die alten Pläne seien überschießend gewesen, so der Ökonom. Tatsächlich bezweifelte man beim AMS schon 2017, ob sich wirklich 20.000 Menschen für einen geförderten Arbeitsplatz finden werden. Unter älteren Arbeitnehmern sind Erkrankungen häufiger, nicht für alle Jobsuchenden kommt jede angebotene Stelle infrage.

Ähnlich argumentiert Martin Kocher, Chef des Instituts für höhere Studien (IHS): “Nur mit einer aktiven Beschäftigungspolitik lässt sich etwas gegen Langzeitarbeitslosigkeit bei Älteren tun.”

Das IHS evaluiert die Aktion gerade.

Der Erfolg soll vor allem daran gemessen werden, ob Menschen, die eine geförderte Stelle hatten, später leichter am regulären Arbeitsmarkt unterkommen. Erste Indizien sprechen dafür, sagt Kocher.

Was Förderprogramme bringen – und was nicht

Die Kosten-Nutzen-Rechnung ist gar nicht so leicht aufzustellen. Der Staat gibt mehr Geld für die Förderung aus, dafür erspart man sich Ausgaben für das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe.

Wenn es langfristig positive Effekte auf Beschäftigungsstatus gibt, muss auch das eingerechnet werden.

Auch eine ältere Studie des Forschungsinstituts Wifo zeigte, dass Arbeitnehmer, die für sechs Monate eine geförderte Stelle bei sozialen Betrieben bekamen, danach eher einen Job fanden. Allerdings ist der Zusammenhang moderat, große Sprünge darf man sich nicht erwarten.

Beim wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria hat man die Aktion von jeher als teures Programm mit wenig Effekt kritisiert./derstandard.at

© Bild: virgül.at

Yayınlama: 06.08.2019
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