Ärzte dürfen künftig telefonische Beratungen verrechnen

An dem Pilotprojekt nehmen vorerst Hausärzte, Kinderärzte sowie Gynäkologen teil. Bei Letzteren ist der Ultraschall künftig kostenlos. Hausarztordinationen, die zumindest 25 Stunden pro Woche offenhalten, erhalten Bonuszahlungen.

Ärzte dürfen künftig telefonische Beratungen verrechnen

Köksal Baltaci

Hausärzte, Gynäkologen sowie Kinderärzte dürfen künftig telefonische Beratungen mit der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) abrechnen – ob dieses Modell der sogenannten Telemedizin auch auf andere Fächer ausgeweitet wird, entscheidet sich 2020, bis dahin dauert das soeben begonnene Pilotprojekt. Darüber hinaus wird in Wien ab sofort der gynäkologische Ultraschall von der Krankenkasse bezahlt. Damit tritt die dreijährige Vereinbarung zwischen der Wiener Ärztekammer und der WGKK in Kraft, auf die man sich bei den vergangenen Honorarverhandlungen geeinigt hatte.

Auch die Stadt Wien leistet einen Beitrag und investiert im Laufe des Jahres 15 Millionen Euro in den niedergelassenen Bereich, um vor allem die chronisch überfüllten Spitalsambulanzen zu entlasten. Die Neuerungen der Tarifeinigung im Überblick:

Diagnose und Beratung am Telefon

Mit Juli beginnt ein Pilotprojekt in der Telemedizin, das bis Ende 2020 dauern soll und dann ausgewertet wird: Die teilnehmenden Fächer sind Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendheilkunde sowie Gynäkologie. Die Ärzte haben dabei die Möglichkeit, beispielsweise Patiententelefonate mit der Gebietskrankenkasse abzurechnen.

Voraussetzung dafür ist, dass die Personen bereits Patienten der Ordination sind und die Beratung vom Arzt persönlich – und nicht etwa durch Ordinationsassistenten – erfolgt. Über die Möglichkeit von telefonischen Anamnesen, Diagnosen und Beratungen, um das Gesundheitssystem effizienter zu gestalten und insbesondere älteren Patienten den Weg zum Arzt zu ersparen, wird seit vielen Jahren heftig diskutiert. Ihre Umsetzung scheiterte bisher vor allem an der fehlenden Möglichkeit der Abrechnung.

Neue Kassenleistungen

Die zwischen der Ärztekammer und WGKK erzielte Tarifeinigung umfasst eine Reihe von Maßnahmen, von denen sowohl Patienten als auch Vertragsärzte profitieren sollen. So kann künftig der gynäkologische Ultraschall (abdominal und vaginal) bei allen Frauenärzten mit einem Kassenvertrag (auch für Gruppenpraxen gültig) mit der E-Card in Anspruch genommen werden. Bisher war diese Untersuchung bei Gynäkologen keine Kassenleistung, sondern wurde lediglich bei Radiologen kostenlos angeboten.

Diese, wie es die Gebietskrankenkasse nennt, „Ungereimtheit“ wurde bei den vergangenen Tarifverhandlungen beseitigt. „Gerade der Ultraschall als Kassenleistung bei den Frauenärzten war uns ein großes Anliegen“, sagt WGKK-Obmann Alois Bachmeier. Er geht davon aus, dass noch in diesem Jahr „an die 150.000 Frauen“ von dieser Möglichkeit gebrauch machen werden.

Neben dem kostenlosen Ultraschall sieht der Honorarabschluss auch andere Leistungen für Patienten vor, die von Ärzten seit Jahren gefordert werden – darunter beispielsweise in der Darmkrebsvorsorge: Für die Sedierung während einer Darmspiegelung (Koloskopie) erhalten die Patienten eine Zuzahlung von der Krankenkasse.

Während diese Leistung schon jetzt in Anspruch genommen werden kann, ist die sogenannte OCT-Untersuchung zur Bestimmung von Netzhautschäden erst ab Oktober kommenden Jahres kostenlos.

Bonus für längere Öffnungszeiten

Bereits Anfang des Jahres wurden Haus- und Kinderärzte mit Kassenvertrag finanziell aufgewertet, da man in diesen Fächern die größten Schwierigkeiten hat, neue Ärzte zu finden. In beiden Fächern sind für 2019 und 2020 jeweils zehn Prozent an Honorarerhöhung vorgesehen. Außerdem werden Ordinationsgründungen gefördert. So soll es in Favoriten in den kommenden zwei Jahren zehn zusätzliche praktische Ärzte geben. Für ganz Wien sind darüber hinaus 16 zusätzliche Kinderärzte vorgesehen.

Zudem bekommen Haus- und Kinderärzte seit Anfang des Jahres für die Ausweitung ihrer Öffnungszeiten einen Bonus. Konkret: Für Ordinationen, die überdurchschnittlich versorgungswirksam sind und zumindest 25 Stunden pro Woche geöffnet haben, sind Extra-Zahlungen vorgesehen. Je mehr Patienten in einer Ordination betreut werden, desto höher sind die Zahlungen.

Allgemeinmediziner erhalten die Prämie ab 1200 Patienten pro Quartal – und zwar zwischen 5 und 6,5 Euro pro Patient (je nach Leistung). Bei Ärzten für Kinder- und Jugendheilkunde beginnt die Prämie ab 700 Patienten im Quartal und liegt bei drei bis sechs Euro pro Patient.

„Der Bonus ist ein attraktiver Anreiz für Hausärzte, um erweiterte Öffnungszeiten für Patienten anbieten zu können. Denn durch diese Zusatzhonorierung können beispielsweise höhere Personalkosten, die bei langen Praxisöffnungen anfallen, gedeckt werden“, sagt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer für Wien und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte. Laut Steinhart geht das Konzept bereits auf: „In Wien halten wir durch den Bonus aktuell bei insgesamt 1000 Stunden längeren Öffnungszeiten pro Woche, was eine massive Ausweitung des Angebots im niedergelassenen Bereich bedeutet und Spitalsambulanzen entlastet.“

Auch Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zeigt sich „erfreut darüber, dass wir durch unsere Mitfinanzierung dringend notwendige Impulse zur Verbesserung im niedergelassenen Bereich bewirken konnten“. Jetzt müsse sich zeigen, dass damit eine „nachhaltige Entlastung des Spitalsbereichs erzielt werden kann“. Denn: Die Steuerzahler könnten kein „unlimitiertes Wachstum“ beider Bereiche finanzieren./Die Presse

 

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Yayınlama: 15.07.2019
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