Ärzte schlagen Alarm: Schon wieder fehlt Schutzausrüstung vom Bund
Mit der steigenden Zahl der Corona-Infektionen tun sich neue Engpässe auf: Österreichs Ärztinnen und Ärzte klagen über zu wenig Schutzausrüstung. Die Regierung hat aus dem Notstand im März nichts gelernt und im Sommer zu wenig vorgesorgt.
Von Alina Bachmayr-Heyda
Mit dem Start der Erkältungs- und Grippe-Saison kommt es erneut zu Engpässen bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und auch bei Schulärzten.
DAS LANGE WARTEN AUF DEN BUND
An den Schulen ist im Juni ein kleines Paket mit Einmal-Handschuhen und Mundschutzmasken angekommen. Seither wartet man auf Nachschub, erzählt Judith Glatzer, Präsidentin der Schulärztinnen und Schulärzte gegenüber Ö1. Und auch die niedergelassenen Ärzte warten nach wie vor auf mehr Schutzausrüstung.
Cornelia Tschanett ist Hausärztin in Niederösterreich. Auch sie spürt den Andrang im Wartezimmer: Die Patienten sind verunsichert, die Wartezeiten für die Corona-Testergebnisse lassen auf sich warten. Deswegen forderten unlängst Mitglieder des Corona-Krisenstabs im Gesundheitsministerium, dass auch niedergelassenen Ärzte ihre Patienten testen dürfen sollten. Denn Fieber und Atemwegserkrankungen tagelang nicht zu behandeln, weil Patienten mit Symptomen nicht zu ihren behandelnden Ärzten dürfen, ist gesundheitsgefährdend – und kann lebensgefährlich sein.
Tschanett ist für diese Umstellung: „Manchmal hat ein Patient einen ganz anderen Infekt, eine eitrige Angina zum Beispiel oder eine Blasenentzündung, die Fieber verursacht“, sagt sie zum Ö1-Morgenjournal. Aber das ist nur möglich, wenn genügend Schutzausrüstung vorhanden ist. Und genau hier ist der Haken: Denn die niedergelassenen Ärzte und Schulärzte klagen – erneut – über fehlende Schutzausrüstung.
NICHTS AUS ENGPASS IM MÄRZ GELERNT
Bereits im März war der Mangel an Schutzausrüstung so verheerend, dass Ärzte die Bevölkerung um Spenden bitten mussten. So rief unter anderem Florian Connert, Präsident der Salzburger Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin, Betriebe auf, Österreichs Hausärzten Schutzmasken zur Verfügung zu stellen: „Es gibt viele Berufsgruppen, die solche Masken in ihren Betrieben verwenden, zum Beispiel Lackierer. Diese Betriebe können jetzt oftmals auf Grund der behördlich verordneten Maßnahmen ohnehin nicht arbeiten. Und wir könnten die Schutzausrüstung jetzt wirklich sehr, sehr gut brauchen, um die Versorgung für unsere Bevölkerung aufrecht zu erhalten“, hieß es damals.
Auch Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres startete im März via Facebook einen Hilferuf: Es gebe „zu wenig Masken etc., und wenn die Krankheit ihren Peak hat, reicht es gar nicht mehr aus.“
Die Bundesregierung beruhigte damals und versprach Besserung. In der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage im Parlament am 25. Mai 2020 behauptete der Kanzler, die Regierung habe rechtzeitig Corona-Schutzmaterialien für medizinisches Personal eingekauft. Neos-Abgeordneter Loacker schildert daraufhin, wie „Pflegekräfte am Anfang in Spar und Billa gegangen sind, um sich dort Mund- und Nasen-Schutz zu kaufen, weil sie keine vom Arbeitgeber erhalten haben.“
IMMER NOCH KEINE MASKEN AUS ÖSTERREICH
Die österreichischen Produktionsfirmen Lenzing und Palmers haben sich zu Beginn der Krise zusammengeschlossen, um Mund-Nasen-Schutzmasken zu produzieren. Doch bis heute haben sie keinen öffentlichen Auftrag bekommen. Stattdessen hat die schwarz-grüne Bundesregierung in China bestellt.
„Es wäre wünschenswert, wenn österreichisches Steuergeld für österreichische Produkte ausgegeben wird und nicht die Wertschöpfung im Ausland stattfindet“, sagt Palmers-Chef Tino Wieser. Der Meinung war auch Sebastian Kurz, als er im Mai medienwirksam das Werk besuchte. Bisher ist das aber nicht passiert. /kontrast.at