Die Impfpflicht soll “kein Drüberfahren sein”
Am Sonntag hat die Bundesregierung den fertigen Gesetzesentwurf der geplanten allgemeinen Coronavirus-Impfpflicht präsentiert. Es soll jedoch kein Schnellschuss werden, so Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Man sei auf die Bedenken eingegangen – die Impfpflicht solle “kein Drüberfahren sein”.
Die Impfpflicht sei ein Instrument, das nicht gegen eine spezielle Variante, sondern gegen das Coronavirus an sich eingesetzt werden soll, argumentierte der Kanzler den engen Zeitplan. Er selbst – dreifach geimpft und frisch genesen – sei das beste Beispiel dafür, „dass die Impfung schützt und nützt“. Durch das Impfen „können wir verhindern, dass unsere Freiheit weiter beschränkt wird“, so Nehammer.
Der finalisierte Entwurf sei in enger Zusammenarbeit mit den Expertinnen und Experten der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO) und im konstruktiven und vertrauensvollen Austausch mit den Parteichefinnen von SPÖ und NEOS, Pamela Rendi-Wagner und Beate Meinl-Reisinger, erarbeitet worden.
„Bedenken der Menschen ernst genommen“
Schon während der laufenden Begutachtungsfrist habe man die eintreffenden Stellungnahmen berücksichtigt, erklärt Nehammer das Tempo, wie der “orf.at” berichtet. Man habe jedenfalls die Bedenken der Menschen ernst genommen, weil es viele gäbe, „die tatsächlich Ängste haben“. Eine Änderung habe es unter anderem bei der von der Impfpflicht betroffenen Altersgruppe gegeben, statt wie zuvor angedacht für ab 14-Jährige wird sie nun erst für Menschen ab 18 Jahren gelten.
Dass die Impfpflicht vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) standhält, davon geht Nehammer aus – man habe Verfassungsexpertinnen und -experten eingebunden. Ein Urteil könne er jedoch nicht vorwegnehmen.
Ab Februar mit „Eingangsphase“
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Impfpflicht Anfang Februar mit einer „Eingangsphase“ in Kraft treten wird, wie Nehammer zuvor bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sagte.
Im Gegensatz zum ursprünglichen Plan werde die Impfpflicht nun für Personen ab 18 Jahren gelten. Ausnahmen gibt es etwa für Schwangere und all jene, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Weiters sind Genesene für einen Zeitraum von sechs Monaten ausgenommen.
Somit hält die Regierung am Startzeitpunkt Anfang Februar weiter fest – ungeachtet dessen, dass die technische Umsetzung der Erfassung der Ausnahmen im nationalen Impfregister erst frühestens ab April möglich sein wird. Das hat die zuständige ELGA GmbH ja bereits Anfang Jänner erklärt.
Drei Phasen
Die Impfpflicht wird nun aber in drei Phasen eingeführt. Ab Anfang Februar – in einer „Eingangsphase“ bis 15. März – wird jeder Haushalt schriftlich über die Maßnahme informiert. Danach wird die Impfpflicht zum Kontrolldelikt, kontrolliert wird ab 16. März etwa im Rahmen von Kontrollen im Straßenverkehr. Wird jemand ertappt, der nicht geimpft ist, muss er ab diesem Zeitpunkt mit einer Anzeige und auch einer Strafe rechnen.
Sollte es epidemiologisch notwendig sein, tritt später die dritte Phase in Kraft. Dann bekommen Ungeimpfte einen Impftermin zugeordnet, wenn sie diesen nicht einhalten, bekommen sie automatisierte Impfstrafverfügungen ausgestellt. Voraussetzung für die Umsetzung dieser Phase ist die Zustimmung des Parlaments im Hauptausschuss.
Der Strafrahmen reicht von 600 Euro (im abgekürzten Verfahren) bis 3.600 Euro (im ordentlichen Verfahren). Beugehaft und Ersatzfreiheitsstrafe sind nicht vorgesehen. Im Rahmen des Kontrolldelikts werde den Regierungsplänen zufolge maximal viermal pro Kalenderjahr gestraft, wie Edtstadler auf Nachfrage sagte. In der dritten Phase – sofern dann tatsächlich flächendeckende Strafen für Ungeimpfte kommen sollten – soll maximal zweimal im Jahr gestraft werden. „Im besten Fall“ werde man Nehammer zufolge die dritte Phase aber gar „nicht brauchen“.
„Verlässlichstes Mittel gegen Pandemie“
„Die Impfung schützt, sie schützt uns, und sie schützt auch unsere Mitmenschen“, sagte Mückstein zu dem Vorhaben. Man müsse als gesamte Gesellschaft alles daransetzen, „dass sich so viele Menschen wie möglich impfen lassen“, um aus der Spirale des ständigen Lockdowns und Öffnens wieder herauszukommen.
Edtstadler betonte, es sei keine Frage „dass die Impfpflicht ein Eingriff in die Grundrechte ist“ – aber sie sei klar verfassungsrechtlich zulässig. „Im Moment wissen wir, dass die Impfung das verlässlichste Mittel im Kampf gegen die Pandemie ist.“
Am Montag im Gesundheitsausschuss
Was die weitere Vorgangsweise betrifft, soll der Entwurf zum Impfpflichtgesetz bereits am Montag im Gesundheitsausschuss behandelt werden. Am Donnerstag ist dann der Nationalratsbeschluss geplant. Für einen Beschluss braucht es nur eine einfache Mehrheit, über diese verfügen die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne sowohl im National- als auch im Bundesrat.
Die Regierung versucht aber, eine breitere Zustimmung zu erhalten – und zwar über Einbindung von SPÖ und NEOS. Die FPÖ lehnt die Impfpflicht komplett ab. Während es bei NEOS bis zuletzt so schien, als würden einige wenige Mandatare Nein zu dem Vorhaben sagen, versuchte man in der SPÖ zuletzt, die innerparteilichen Skeptiker noch zu überzeugen.