Die Regierung wird aufgefordert, zu handeln
Das Verhalten der Regierung gegenüber Frauen in Krisenzeiten wird von Frauenorganisationen scharf kritisiert.
Drei österreichische Frauenorganisationen haben am Freitag scharfe Kritik an der Frauenpolitik der türkisch-grünen Bundesregierung geübt.
Der Zustand sei “ganz massiv alarmierend”, sagte Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings. Denn auf die Pandemie würden nun die Inflation und die Energiekrise folgen. Damit werde vor allem eines erreicht: “Unbezahlbar für viele Frauen und Kinder.” Frauenverachtung, Alltagssexismus, Femizide und Gewalt gegen Frauen hätten zugenommen, sagte Frieben. ” Das ist etwas, was wir auch nicht hinnehmen wollen.”
In Österreich würden zudem konservative Politiker gegen die Fristenlösung mobil machen, nachdem der Oberste Gerichtshof das Recht auf Abtreibung in den USA gekippt habe, sagte sie. Zu all diesen Problemen “schweigt die Politik”, so Frieben kritisch.
Es sei nicht mehr möglich, die Anhäufung von Krisen zu bewältigen, die Frauen seien psychisch am Ende ihrer Kräfte. Hilfsmaßnahmen der Regierung, wie der Familienbonus, würden gerade Frauen mit geringem Einkommen nicht erreichen, beklagte Frieben. Notwendig sei endlich ein gesetzlicher Anspruch auf einen Kindergartenplatz.
Im Rentenrecht brauche es ebenfalls “ganz massive” Anstrengungen, um der altersbedingten Armut von Frauen gezielt entgegenzuwirken, sagte Frieben. “Die Belange von Frauen sind der Regierung offenbar nicht wichtig.”
Seit langem fordere man 228 Millionen Euro pro Jahr für Gewaltschutz und Gleichstellungspolitik, sagte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Frauenhäuser. 3.000 Vollzeitstellen braucht es, um diese Aufgaben bewältigen zu können. Im Jahr 2021 gab es allein 31 Femizide und 63 Mordversuche.
“Besonders besorgniserregend ist auch die steigende Zahl der Femizide an älteren Frauen”, so Rösslhumer. So wurden im Jahr 2021 noch 9 von 31 Femiziden an Frauen über 60 Jahren verübt. In diesem Jahr sind bisher 10 von 20 Femiziden an älteren Frauen verübt worden. Deswegen müssen gezielte Gewaltschutzmaßnahmen für ältere Frauen mit Koordinierungsstellen in den einzelnen Bundesländern geschlossen werden.
In Österreich herrsche eine tief sitzende Verachtung für Frauen. Egal ob im Internet oder in der Wohnung: “Egal, wo Frauen sind, sie werden mit Gewalt konfrontiert”, so Rösslhumer. Im Patriarchat könnten zu viele “toxische Männlichkeiten” ausgelebt werden. “Die Gewalttäter, die Täter, werden noch immer nicht ausreichend zur Verantwortung gezogen.” In Sachen Geschlechtergleichstellung bewege man sich nicht nach vorne, sondern zurück.
Die Istanbul-Konvention umsetzen
Es gibt Bemühungen, die Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen, die Österreich unterzeichnet hat, umzusetzen. Allerdings fehle es derzeit noch an den finanziellen Mitteln dafür, so Rosa Logar, Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie.
Dass vom Sozialministerium eine Beratungsstelle “Bakhti” für Migrantinnen eingerichtet wurde und die Mittel für Gewaltschutzzentren erhöht wurden, sei sehr positiv, so Logar.| © DerVirgül