Gewerkschafterinnen feierten 100 Jahre Frauenwahlrecht
Für ÖGB-Frauenvorsitzende Schumann und ÖGB-Frauen OÖ-Vorsitzende Schober ist der Kampf um Gleichberechtigung noch lange nicht zu Ende
Am 12. November 1918 wurde in Österreich nach langem Kampf das Frauenwahlrecht eingeführt.
Bei der Wahl zur konstituierenden Nationalversammlung am 16. Februar 1919 waren Frauen damit erstmals in Österreich sowohl aktiv als auch passiv wahlberechtigt. An diese große frauenpolitische Errungenschaft erinnerten die ÖGB Frauen Oberösterreich am 6. September mit ihrer Veranstaltung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ in der Linzer Arbeiterkammer.
Die Kulturvermittlerin und Expertin für Gender Studies und feministische Forschung, Petra Unger, Autorin des Buches „Frauen Wahl Recht – Demokratie und Frauenrechte“, hielt dabei das Hauptreferat über die Geschichte des Frauenwahlrechts in Österreich.
„Aus Respekt vor den Taten unserer Vorkämpferinnen müssen wir laut sein, wenn es darum geht, Frauen zu ihren Rechten zu verhelfen“, stellte die ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Korinna Schumann in ihrer Rede klar und wies auch darauf hin, dass der Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter noch lange nicht gewonnen ist: „Gleichberechtigt sind Frauen erst dann, wenn es keine Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern gibt, Quoten überflüssig sind und das Geschlecht, ob in der Arbeitswelt oder zu Hause, keine Rolle mehr spielt.“
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Schober: „Konservative wollen uns in Hausmütterchen-Rolle sehen“
Die Vorsitzende der ÖGB-Frauen Oberösterreich, AK OÖ-Vizepräsidentin Elfriede Schober, kritisierte die aktuelle Frauenpolitik konservativer Strömungen in Österreich:
„Man könnte meinen, sie wollen uns wieder in der Rolle des Hausmütterchens sehen, das im besten Fall ein wenig dazu verdienen kann.“
Daher müssten die Frauen weiter aufstehen und für ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben von Frauen zu kämpfen.
„Die Rückschritte in der aktuellen Frauenpolitik machen es umso wichtiger, uns daran zu erinnern, dass uns nichts geschenkt wurde, sondern dass es Vorkämpferinnen gegeben hat, die sich unter schwierigsten Bedingungen für die Frauenrechte eingesetzt haben“, so Schober. Um weiter für ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben von Frauen zu kämpfen, brauche es die Solidarität aller Frauen – quer über alle Fraktions- und Organisationsgrenzen hinweg.
Zum Hintergrund:
Die ersten Frauenbewegungen im Kampf um das Frauenwahlrecht formierten sich im ausgehenden 19. Jahrhundert sowohl in der von Adelheid Popp gegründeten Arbeiterinnenbewegung als auch, auf Seiten der bürgerlichen Frauen, in dem von Auguste Fickert gegründeten allgemeinen österreichischen Frauenverein. 1902 wurde auf Initiative von Marianne Hainisch die erste Dachorganisation für Frauenbewegungen gegründet.
Nachdem 1918 das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, zogen am 4. März 1919 die ersten acht Frauen in den österreichischen Nationalrat ein: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel und Marie Tusch von der Sozialdemokratischen Partei sowie Hildegard Burjan für die Christlichsozialen.
In den vergangenen 100 Jahren konnte die Frauenbewegung in Österreich bedeutende Erfolge erzielen.
So etwa in den 1970er-Jahren die Gleichstellung von unehelichen mit ehelichen Kindern und die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs bis zum dritten Monat.
Frauen erkämpften aber auch die Rechte, ohne Zustimmung des Mannes arbeiten, über Wohnsitz und Kindererziehung mitentscheiden sowie den Familiennamen wählen zu dürfen.
1978 wurde schließlich auch die Scheidung erleichtert.
Einige Errungenschaften sind noch jung
Einige heute selbstverständliche Frauenrechte wurden erst vor nicht allzu langer Zeit erkämpft.
So ist die Vergewaltigung in der Ehe oder Lebensgemeinschaft erst seit 1989 strafbar, Diskriminierung sowie sexuelle und allgemeine Belästigung am Arbeitsplatz seit 1993.
Ungleichbehandlung gibt es aber auch heute noch. Im Schnitt verdienen Frauen in Österreich 21,7 Prozent weniger als Männer, erhalten 40 Prozent weniger Pension, sind stärker von Armut betroffen, verrichten einen Großteil der nicht bezahlten Arbeit und stoßen auf dem Weg zu Führungspositionen sehr oft an die berühmte „gläserne Decke“(virgül.at)