Lockdown: Bis zu 60 Prozent Entschädigung für Einzelhandel
Am Dienstag muss aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen in Österreich auch der Einzelhandel und das Dienstleistungsgewerbe bis einschließlich 06. Dezember schließen. Das gab die Bundesregierung am Samstag in einer Pressekonferenz bekannt. Für die Dauer dieses harten Lockdowns wird es eine Entschädigung von bis zu 60 Prozent für geschlossene Betriebe im Handel und 80 Prozent für körpernahe Dienstleister geben. Auch Kurzarbeit von null Prozent wird möglich.
Die schärferen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in Österreich sehen eine Ausweitung des bisherigen Lockdowns vor. Derzeit mussten bis Ende November nur Gastronomie- und Hotelleriebetriebe in Österreich schließen. Nun werden auf der Einzelhandel, sowie unter anderem Friseure und Kosmetikstudios von 17. November bis 06. Dezember 2020 geschlossen bleiben müssen.
Danach sollen die Handelsgeschäfte wieder aufsperren dürfen, um das Weihnachtsgeschäft zu retten, heißt es seitens der Bundesregierung. Ob es bei dieser Frist bleibt, hängt jedoch auch von den Corona-Infektionszahlen und der Auslastung der Krankenhäuser – insbesondere der Intensivbetten und Spitalsbetten – ab.
Schließen muss der gesamte Handel und das Dienstleistungsgewerbe, mit Ausnahme von Supermärkten und Lebensmittelgeschäften, Drogerien, Apotheken und Gesundheitsbedarf, Tiernahrung, Sicherheitsprodukte, der Agrarhandel, Tankstellen, Post-Filialen und Trafiken, sowie Werkstätten.
Bis zu 60 Prozent Entschädigung für Handel und Dienstleister
Gastronomie- und Hotelleriebetriebe erhalten für den Zeitraum der verordneten Schließeung von 03. bis 30. November 2020 80 Prozent des Vorjahresumsatzes als Entschädigung. Diese Hilfe kann über FinanzOnline selbst beantragt werden und wird binnen weniger Tage bewilligt. Zudem wird dieser Entschädigung keine andere Corona-Hilfsmaßnahme gegengerechnet – etwa der Fixkostenzuschuss, Zahlungen aus dem Härtefall- Fonds oder die Kurzarbeit.
“Rasche und unbürokratische Hilfe”
Für Einzelhandelsbetriebe, die nun schließen müssen, soll es wohl für den Zeitraum bis zur Wiedereröffnung eine Entschädigung von 20 bis 60 Prozent des Umsatzs aus dem Vorjahreszeitraum geben. 60 Prozent erhalten jene Händler mit verderblicher Ware. Die Hoffnung der Regierung liegt darauf, dass mit 07. Dezember wieder geöffnet werden und damit das Weihnachtsgeschäft gerettet werden kann.
Der Verfassungsdienst empfehle unterschiedliche Hilfen und eine Differenzierung je Branche. Dienstleistungen könnten ihre Umsätze nicht nachholen, Einzelhändler durch den späteren Verkauf der Waren jedoch schon. Damit sollen körpernahe Dienstleister eine höhere Entschädigung erhalten. Sie bekommen 80 Prozent des Umsatzes im Vorjahreszeitraum. Je Einzelhandelsbetrieb werden zwischen 20 und 60 Prozent des entgangene Umsatzes erstattet werden. Zudem wird auch Kurzarbeit möglich.
Ob die Gastronomie und Hotellerie bei einer Verlängerung der Schließung (geplant bis 30. November) bis ebenfalls einschließlich 06. Dezember auf weitere Entschädigungen und Hilfen hoffen kann, ist noch nicht bekannt. Gastronomie und Hotellerie stellten bisher die meisten Anträge der rund 30.000 auf Umsatzentgang in einem Volumen von mehr als 900 Millionen Euro, die nun nach und nach ausbezahlt werden.
Kurzarbeit: Senkung der Arbeitszeit auf null Prozent möglich
Einzelhandel und Dienstleister, die ab Dienstag für gut drei Wochen schließen müssen, können mit einer Entschädigung rechnen. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gab bekannt, dass allen Betrieben rasch geholfen werden soll. Ein Antrag auf Entschädigung wird daher weiterhin direkt via FinanzOnline im Internet eingebracht werden können.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte am Samstag, dass die Hilfe “rasch und unbürokratisch” sein wird. Kurzarbeit ist für die geschlossenen Betriebe mit einer Senkung der Arbeitszeit auf null Prozent für die Dauer der Schließung ebenfalls möglich. Wichtig dabei ist, dass in diesem Zeitraum kein Mitarbeiter gekündigt wird.
Rainer Will, Obmann des Handelsverbandes Österreich, betonte bereits am Freitag, es brauche “gute und rasche” Hilfen. “Wir befürchten ein Händlersterben von 6.000 Geschäften”, so Will gegenüber der APA. Man habe aber auch Verständnis, “dass immer die Gesundheit an erste Stelle steht.”
900 Millionen Euro pro Woche
Eine Schließung des Einzelhandels bezeichnet der Handelsverband als “Worst-Case-Szenario”. Im November und Dezember – immerhin den beiden umsatzstärksten Monate im Jahr – gehen laut Verband pro Lockdown-Woche österreichweit 900 Millionen Euro an Umsatz verloren.
Umsätze im Handel seit Frühjahr weggebrochen
WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik bezeichnet das Szenario als “existenzbedrohend”. Auch er fordert am Freitag eine “umfangreiche Unterstützung”.
In den letzten Wochen wurden die Stimmen im Einzelhandel nach einer Entschädigung aufgrund von Umsatzverlusten immer lauter. Der Handelsverband forderte bereits Anfang November im Zuge der Gastro-Schließungen einen zusätzlichen Verlustausgleich auch für Handelsbetriebe.
“Wie auch immer eine Sonderhilfe für den November genau ausschaut, sie ist absolut notwendig. Der Handel ist auf dem ersten Blick nur indirekt vom Lockdown betroffen, in Wahrheit aber direkt”, erklärte Obmann Rainer Will im Interview mit der APA.
Er forderte schon damals einen Verlustausgleich, da den Geschäften Frequenz und Umsätze wegbrechen würden, wenn die Gastronomie nicht offen hat. Bisher gab es diese Entschädigung für den Einzelhandel nicht.
Nur noch Waren des unverzichtbaren täglichen Bedarfs
Von der Schließung sind auch Baumärkte, Möbelhäuser und andere Handelsgeschäfte betroffen. Offenbleiben werden nur jene Geschäfte, die Waren für den unverzichtbaren täglichen Bedarf anbieten, wie Supermärkte und Drogeriemärkte, Bäckereien, Apotheken und Trafiken. Ob diese Betriebe – wie auch schon im ersten Lockdown Mitte März – auf den Verkauf von anderen Produkten aus Solidarität zu den geschlossenen Betrieben verzichten werden, ist bisher nicht bekannt.
Bisher 34.000 Anträge für Fixkostenzuschuss
Finanzminister Blümel gab am Samstag im Rahmen der Pressekonferenz ebenfalls einzum Fixkostenzuschuss. Bisher seien rund 34.000 Anträge mit einem Volumen von mehr als 300 Millionen Euro eingebracht worden. Österreich zahle laut Finanzminister deutlich mehr an Unternehmen aus als viele anderen Staaten. Fixkostenzuschuss II bis 800.000 Euro kann ab Montag, 23. November 2020, beantragt werden. Eine Erhöhung auf bis zu drei Millionen Euro wird weiterhin mit der EU-Kommission ausverhandelt.
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