Nachhilfe: Druck auf Familien stark gestiegen

Bis zu 97 Millionen Euro für private Nachhilfe – und um 17 Prozent mehr Kinder als im Vorjahr, die Nachhilfe brauchen: Der Lerndruck auf die Familien ist stark gestiegen.Allein in der Volksschule hat sich der Anteil der Kinder, die Nachhilfe brauchen, mehr als verdoppelt.

Nachhilfe: Druck auf Familien stark gestiegen

Das zeigt dasAK Nachhilfebarometer 2018, für das knapp 3.300 Eltern befragt wurden.Die Arbeiterkammer fordert hochwertige Ganztagsbetreuung und regelmäßigen Förderunterricht.

Denn die Probleme der Familien mit dem Lernen nach der Schule sind enorm:

 

  • 264.000 Kinder brauchen heuer private Nachhilfe (2017: 226.000) – ihr Anteil an den Schulkindern ist auf 27 Prozent gestiegen.Davon bekommen 78.000 Gratis-Nachhilfe, und 39.000 bekommen trotz Bedarf gar keine externe Nachhilfe, vor allem, weil die Eltern dafür nicht zahlen können.

  • Besonders stark gestiegen ist der Anteil der Volksschulkinder, die Nachhilfe bekommen – von 6 Prozent der VolksschülerInnen im Jahr 2017 auf derzeit 14 Prozent

     
  • Gleichzeitig brauchen 704.000 Kinder ihre Eltern als unfreiwillige NachhilfelehrerInnen (2017: 612.000) – ein Anstieg um 15 Prozent: Die Eltern lernen zu Hause mit den Kindern, weil das Lernen und Üben in der Schule zu kurz kommt.

Eltern wünschen sich Ganztagsschulen

Entlastung für die Familien bringen nur hochwertige Ganztagsschulen, besonders in verschränkter Form mit Unterricht, Üben und Freizeit über den ganzen Tag, zeigt die Befragung der Eltern. Ebenso hilft ihnen regelmäßiger Förderunterricht in der Schule.

 

AK Präsidentin Renate Anderl fordert Unterstützung der Familien durch die Schule: „Ich kann nicht akzeptieren, dass die Bundesregierung jetzt den Ausbau der Ganztagsschulen verlangsamt hat und stattdessen die Eltern unter Druck setzt – zum Beispiel mit Ideen für eine Art Aufnahmeprüfung im Gymnasium. Die Schule muss mehr Verantwortung für den Lernerfolg übernehmen, nicht weniger.” Dafür will Anderl mehr echte, verschränkte Ganztagsschulen plus Ausbau des regelmäßigen Förderunterrichts in den Schulen. Überdies soll eine neue Schulfinanzierung nach Chancenindex kommen.

Die Ergebnisse im Detail

Der Anteil der Kinder, die Nachhilfe brauchen, ist im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent gestiegen, in der Volksschule hat er sich sogar mehr als verdoppelt. Insgesamt brauchen heuer 264.000 Kinder (27 Prozent) private Nachhilfe; wobei 147.000 (15 Prozent) bezahlte und 78.000 (8 Prozent) unbezahlte Nachhilfe bekommen. 39.000 (4 Prozent) bekommen trotz Bedarf keine Nachhilfe – vor allem, weil die Eltern dafür nicht zahlen können. Das ergibt die Ifes-Befragung von knapp 3.300 Eltern.In der Tabelle auf der nächsten Seite sehen Sie den Anteil der Kinder je Schultyp, die bezahlte oder unbezahlte Nachhilfe bekommen.

Hochgerechnet bis zum Schulschluss, betragen die Gesamtausgaben der Eltern für Nachhilfe mindestens 94 Millionen Euro. Es können aber bis zu 97 Millionen Euro sein, weil sich vor Schulschluss (nach Abschluss der Befragung) zusätzlicher Bedarf an Nachhilfe ergeben haben kann.

 

Insgesamt geben die Eltern im Vergleich zum Vorjahr um sechs Millionen Euro weniger für private Nachhilfe aus. Dafür wechselten sie zu den billigeren AnbieterInnen – von Nachhilfeinstituten und LehrerInnen zu StudentInnen und MitschülerInnen ihrer Kinder.

 

Und bemerkenswert ist: Die private Nachhilfe ersetzt nicht, dass Eltern nach der Schule mit den Kindern lernen. Bei jenen Kindern, die Nachhilfe bekommen, ist der Zeitaufwand der Eltern fürs Lernen genauso hoch wie bei Eltern, die nicht für private Nachhilfe zahlen.

Was Eltern je nach Schultyp zahlen

Private Nachhilfe und Kosten nach Schule © AK , AK

*) Mehrfachnennung möglich, z.B. schulische Gratisnachhilfe plus bezahlte Nachhilfe, Quelle: Ifes-Befragung 

Drei Viertel der Kinder brauchen die Eltern beim Lernen 

704.000 Kinder brauchen Hilfe ihrer Eltern beim Lernen – um 15 Prozent mehr als voriges Jahr (plus 92.000). Das sind fast drei Viertel aller Schulkinder, genau: 72 Prozent. Bei ihnen kontrollieren die Eltern nach der Arbeit die Hausübungen, und sie lernen mit ihnen vor Prüfungen und Schularbeiten – wobei in den meisten Fällen die Mütter mit den Kindern lernen. Am häufigsten lernen sie nach wie vor mit Volksschulkindern, aber auch noch in der Oberstufe. Die Eltern und ihre Kinder kostet das Lernen viel Freizeit, aufs Jahr gerechnet die Arbeit von 30.500 Vollzeitbeschäftigten. 

Mit so vielen Kindern müssen Eltern lernen © AK , AK

Quelle: Ifes-Befragung 

Lernstress daheim

 

Die AK hat wieder erheben lassen, wie stark sich die Familien durch das Lernen am Nachmittag belastet fühlen. Die Mehrheit hat beim Lernen mit den Kindern Probleme. Tendenz: steigend.

 

  • Zeitdruck: 41 Prozent der befragten Eltern gaben an, durch die Hilfe beim Lernen zeitlich sehr oder ziemlich belastet zu sein (plus 4 Prozentpunkte). Weitere 34 Prozent fühlen sich etwas belastet (plus 2 Prozentpunkte). In Summe sind bereits drei Viertel der Eltern, die mit den Kindern lernen, spürbar betroffen. 

     
  • Eltern leiden unter Stress, Ärger und Konflikten in der Familie, wenn sie hinter der Schule „nacharbeiten” müssen. Über Stress klagen 64 Prozent der betroffenen Eltern (sehr, ziemlich oder etwas; plus 5 Prozentpunkte), über Ärger und Konflikte 58 Prozent (ebenfalls sehr, ziemlich oder etwas; plus 7 Prozentpunkte). 

     
  • Eltern sind oft fachlich überfordert, ihren Kindern zu helfen: Im Schnitt der Betroffenen tun sich 37 Prozent zumindest in einem Fach schwer, die Lösung von Aufgaben zu erklären (plus 2 Prozentpunkte). 

     
  • Positiv: Echte Ganztagsschule und regelmäßiger Förderunterricht entlasten 

    Einen Lichtblick ist die echte, verschränkten Ganztagsschule, in der Unterricht, Üben, Sport und Freizeit über den ganzen Tag verteilt sind. Hier müssen die Eltern seltener für private Nachhilfe zahlen als in der Halbtagsschule oder in Schulen mit anderer Nachmittagsbetreuung.
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  • Von den SchülerInnen, die eine Ganztagsschule besuchen, bekommen insgesamt 12 Prozent bezahlte Nachhilfe. Das liegt unter dem Gesamtschnitt für bezahlte Nachhilfe (15 Prozent). Deutlich darunter liegt der Anteil der SchülerInnen, die während des Schuljahres bezahlte Nachhillfe bekommen: 4 Prozent statt 12 Prozent. 

     
  • Besonders gering ist der Nachhilfebedarf in Ganztagsschulen, die in Bezug auf die Qualität der Nachmittagsbetreuung von den Eltern sehr gut bewertet werden. In diesen Ganztagsschulen bekommen nur 5 Prozent der SchülerInnen bezahlte Nachhilfe. 

     
  • In ganztägigen Neuen Mittelschulen brauchen nur 5 Prozent bezahlte Nachhilfe, während es bei den anderen Neuen Mittelschulen 23 Prozent sind.

     
  • Positiv wirkt auch guter Förderunterricht: In Ganztagsschulen, deren Förderunterricht sehr gut benotet wird, bekommen nur 3 Prozent der SchülerInnen bezahlte Nachhilfe.

 

Schluss mit dem Lerndruck auf die Familien 

„Entweder für Nachhilfe zahlen oder den Schulerfolg der Kinder riskieren – das kann nicht die Alternative sein. Lernen und Üben soll in der Schule stattfinden”, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. Damit die Schule Verantwortung für den Lernerfolg der Kinder übernehmen kann, will die Arbeiterkammer hochwertige Ganztagsschulen und viel mehr regelmäßigen Förderunterricht – und dazu eine neue Schulfinanzierung nach einem Chancenindex, also mehr Mittel für Schulen mit vielen Kindern, die nicht von den Eltern beim Lernen unterstützt werden können.

 

„Ich kann es nicht akzeptieren, dass die Bundesregierung jetzt den Ausbau der Ganztagsschulen verlangsamt hat und stattdessen die Eltern unter Druck setzt – zum Beispiel mit Ideen für eine Art Aufnahmeprüfung im Gymnasium. Die Schule muss mehr Verantwortung für den Lernerfolg übernehmen, nicht weniger”, so die AK Präsidentin.  

Die Forderungen der Arbeiterkammer:

 

  • Ausbau der Ganztagsschulen beschleunigen – nicht verlangsamen. 

     
  • Mehr echte, verschränkte Ganztagsschulen: Das AK Nachhilfebarometer zeigt eindeutig, dass nur die echte Ganztagsschule die Eltern vom Lernen mit den Kindern und von teurer Nachhilfe entlastet. Und: Der Besuch einer Ganztagsschule muss im Unterschied zu derzeit beitragsfrei sein. 

     
  • In einem ersten Schritt Ausbau des regelmäßigen Förderunterrichts: Für den Förderunterricht muss ein zweckgebundener Fördertopf eingerichtet werden. So wie in den Volksschulen muss der regelmäßige Förderunterricht auch ab der Mittelstufe gleich ab Beginn des Schuljahrs leicht und unbürokratisch zugänglich sein. 

     
  • Neue Schulfinanzierung nach einem Chancenindex: Pro Schülerin, pro Schüler, deren Eltern selber keinen Hochschulabschluss haben, soll die jeweilige Schule mehr Geld bekommen – damit sie die Kinder besser fördert. 

     
  • Daten zur Untersuchung: Ifes-Befragung unter österreichweit 3.261 Haushalten mit 4.980 Schulkindern. Befragungszeitraum Anfang März bis Ende April 2018. Zahlen für 2017 aus einer Ifes-Befragung unter österreichweit 3.435 Haushalten mit Schulkindern im Zeitraum Anfang März bis Ende April 2017.  

Yayınlama: 17.06.2018
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