Rauch mit einer Kampfansage an die Ärztekammer

Das Problem ist wohlbekannt: Während der Bedarf an niedergelassenen Ärzten steigt, schrumpft das Angebot. Das liegt daran, dass sich vor allem junge Ärzte zunehmend gegen einen Kassenvertrag und für eine Wahlarztpraxis entscheiden. Am Freitag forderte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) eine Debatte über mögliche neue Modelle. Er sei auch dazu bereit, es mit der Ärztekammer aufzunehmen. Diese reagierte rasch.

Rauch mit einer Kampfansage an die Ärztekammer

Die Ärztekammer sehe nicht, „dass wir ein Problem mit der derzeitigen Praxis des Wahlarztsystems haben”, erklärte Rauch in der „Tiroler Tageszeitung”. Ärgerlich sei, dass „der Großteil der ausgebildeten Ärzte sofort in eine Wahlarztpraxis geht und niemand mehr bereit ist, einen Kassenvertrag im niedergelassenen Bereich anzunehmen”.
Man müsse darüber diskutieren, ob man Medizinabsolventen nicht dazu verpflichten könne, für einen gewissen Zeitraum – vielleicht ein oder zwei Tage pro Woche – als Vertragsarzt zu arbeiten. „Das wird ein Konflikt mit der Ärztekammer sein – und ich bin bereit, ihn zu führen.”

Ärztekammer: Nachfrage „enttäuschend”

Der Vorsitzende der Ärztekammer, Thomas Szekeres, wies die Forderung in einer Stellungnahme ab und sprach von „Zwangsarbeit”. Eine Berufsgruppe disziplinieren zu wollen, die während der Pandemie Übermenschliches geleistet habe, sei „mehr als enttäuschend”. Der drohende Mangel an Ärzten könne sicher nicht durch Zwang vermieden werden. „Viel wichtiger wäre es, den Beruf des Vertragsarztes endlich attraktiver zu machen”, sagte Szekeres, beispielsweise durch eine verbesserte Bezahlung oder eine Entlastung von Verwaltungsarbeit.

 

„Bereit für Konflikte”

Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer und Vorsitzender des Bundeskuratoriums der niedergelassenen Ärzte, äußerte ebenfalls Kritik an dem Vorschlag. Der Beruf des Arztes sei ein freier Beruf und dies müsse auch so bleiben. Jegliche Art der Einmischung lehnte er ab. Zu dem von Minister Rauch angedeuteten Konflikt sei Steinhart „immer bereit”.
Auch für Harald Mayer, Vizepräsident der Ärztekammer und Vorsitzender des Bundeskuratoriums der angestellten Ärzte, ist die wahlärztliche Tätigkeit sowieso ein Entgegenkommen der Ärzte an die Patienten, „weil Wahlärzte praktisch Kassentarife abrechnen”. Hinzu kommt: „Wenn die Politik so weitermacht, wird es in Zukunft nur noch Privatärzte geben, und die werden dann das berechnen, was ihre Leistungen wirklich wert sind.”

 

Forderungen nach Reformen

Während viele Stellen in der GKV unbesetzt sind, werden die Patienten mit hohen Kosten für Wahlärzte zur Kasse gebeten – für Privatärzte sowieso. Daher sprechen Kritiker von einem Zwei-Klassen-Gesundheitssystem. Vor diesem Hintergrund wurden in der Vergangenheit immer wieder Rufe nach Reformen laut.
Christine Haberlander (ÖVP), Landeshauptmann-Stellvertreterin von Oberösterreich, schlug zum Beispiel verpflichtende Leistungen für Wahlärzte vor, beispielsweise bei der Therapie von Drogenabhängigen und für Nachtdienste im hausärztlichen Notdienst sowie bei Engpässen in Regionen. Immerhin sei das Medizinstudium öffentlich finanziert, führte Haberlander aus.

„Völlig an der Realität vorbei”
Die Ärztekammer wies dies als „völlig realitätsfremd” zurück. Bernhard Wurzer, Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), lehnte den Vorschlag nicht von vornherein ab. Man könne darüber diskutieren, ob man auch in das öffentliche System einzahlen solle, wenn man beispielsweise während der Ausbildung davon profitiert habe, sagte Wurzer Ende April.
Ebenfalls abgelehnt hat die Ärztekammer einen Vorschlag von Andreas Huss, Vizepräsident der ÖGK. Dieser forderte einen Wechsel zum deutschen System, bei dem es entweder Ärzte im Kassensystem oder reine Privatärzte gebe.|©DerVirgül

Yayınlama: 06.05.2022
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