Weder Schnitzel noch McDonald’s haben dem Döner so viel Leid angetan wie die Dönerverkäufer selbst
Anfang 2019 veröffentlichte die Zeitung Der Presse einen Artikel von Karin Schuh über Yaşar Sarıkoç, der den Döner 1983 erstmals nach Wien brachte. Dieser Artikel zeigt, dass die Reise des Döners in Österreich 1983 begann und bis heute andauert.
In den ersten Jahren wurde Döner meist in einer Ecke von Supermärkten und kleinen Lebensmittelläden verkauft. Mit der Zeit gewann er an Popularität. Ab den 2000er Jahren, insbesondere nach 2010, verlagerte sich der Verkauf von Döner von Imbissständen in die Restaurantbranche. So fand die türkische Küche ihren Weg aus den Vororten in die Stadtzentren. Der Döner-Markt, der sich zunächst in Deutschland entwickelte, breitete sich auf die gesamte Europäische Union aus und wurde zu einem wichtigen Wirtschaftssektor.
Der Geschmack des Döners und die Verwendung von Soßen
Während Döner in der Türkei meist schlicht und gewürzt konsumiert wird, begann man in Ländern wie Deutschland und Österreich, ihn mit verschiedenen Soßen zu servieren. Dieser Trend, der in den 1970er Jahren in Deutschland begann, wurde auch in Wien übernommen.
Da europäische Dönerverkäufer jedoch nicht an die qualitativ hochwertigen Döner aus der Türkei herankamen, erhöhten sie den Einsatz von Soßen, um die Kosten zu senken. Dies diente nicht der Geschmacksverbesserung, sondern vielmehr dazu, die minderwertige Qualität zu kaschieren.
Bei Döner-Sandwiches wurde die Soße zu einem „Retter“, der den Geschmack des Fleisches überdeckte. Die gleiche Methode wurde auch bei Iskender-Kebab angewandt, sodass kostengünstige Döner als hochwertige Produkte präsentiert wurden.
Konkurrenz und Qualitätsprobleme
Während der Döner in Österreich mit Fast-Food-Riesen konkurrierte, sah er sich gleichzeitig mit Qualitätsproblemen konfrontiert. Döner-Kebab wurde nicht nur als Konkurrent von McDonald’s angesehen, sondern auch als Bedrohung für das österreichische Nationalgericht, das Schnitzel. Insbesondere nationalistische Kreise befürchteten, dass der Döner das Schnitzel verdrängen könnte.
In diesem Zusammenhang wurden Döner-Betriebe strengen Kontrollen unterzogen und mit bürokratischen Hürden konfrontiert. Zudem war Döner in den österreichischen Medien oft negativ präsent. Während Zeitungen wie Der Standard und Die Presse, die einen objektiveren Journalismus verfolgen, gelegentlich über das Thema berichteten, bestand ihre Leserschaft meist aus Menschen, die keinen Döner konsumierten.
Die türkische Zertifizierungsinitiative für Döner
Döner, der in Europa ein wirtschaftliches Volumen von 4,5 Milliarden Euro pro Jahr erreicht hat, wurde von der Türkei offiziell registriert. Die Europäische Kommission veröffentlichte am 24. April 2024 im Amtsblatt eine Zertifizierungsentscheidung, die die Merkmale und die Herstellungsweise des türkischen Döners festlegt.
Diese Entscheidung markierte einen Wendepunkt für Dönerproduzenten in Europa. Betriebe, die nicht den festgelegten Standards entsprechen, dürfen ihr Produkt nicht mehr als „Döner“ bezeichnen. Dies sorgte unter europäischen Dönerverkäufern für Besorgnis.
Der Döner-Skandal in Wien: Vertrauensverlust?
Gerade als Döner seinen verdienten Platz zu finden schien, erschütterte ein Skandal im Wiener Bezirk Favoriten das Vertrauen der Verbraucher.
Am 23. Januar 2025 führten Polizei und Behörden in Wien eine Razzia in einem illegalen Fleischverarbeitungsbetrieb durch. Die Kontrollen ergaben:
✔️ Hygienestandards wurden nicht eingehalten.
✔️ Fleisch wurde bei ungeeigneten Temperaturen gelagert.
✔️ Verpacktes Fleisch wurde in einer unbenutzten Toilette gefunden.
✔️ Drei illegale Arbeiter waren beschäftigt.
Die Behörden erklärten, dass Hunderte Kilogramm Fleisch vernichtet wurden, das für die Dönerproduktion bestimmt war.
Außerdem stellte sich heraus, dass diese in einer ehemaligen Tischlerei produzierten Döner an drei Betriebe verkauft wurden.
Pressekonferenz und unbeantwortete Fragen
Nach diesem Skandal veranstalteten Dönerverkäufer eine Pressekonferenz, um das negative öffentliche Image zu korrigieren.
An der Erklärung, an der etwa 15 Dönerbetreiber teilnahmen, wurde folgende Botschaft übermittelt:
„Wir waren es nicht, aber wir wissen, wer es war. Doch wir möchten uns nicht zu einer laufenden Ermittlung äußern.“
Dennoch bleiben Fragen offen, insbesondere für die Dönerverkäufer, die nicht an der Konferenz teilgenommen haben:
• Wurden Dönerbetriebe aus Favoriten und den umliegenden Bezirken zu diesem Treffen eingeladen?
• Falls sie eingeladen wurden, warum nahmen sie nicht teil? Haben sie eine Stellungnahme abgegeben?
• Hat die Abwesenheit dieser Betriebe sie nicht automatisch verdächtig gemacht?
Eine echte Lösung kann nur in einem transparenten und mutigen Dialog gefunden werden, der alle Beteiligten einbezieht.
Die Zukunft des Döners: Kann das Vertrauen wiederhergestellt werden?
Seit Jahren leidet der Döner unter den Fehlpraktiken seiner Betreiber. Einige Dönerverkäufer, die ausschließlich profitorientiert handeln, haben immer wieder:
⚠️ Schweinefleisch in Döner gemischt,
⚠️ Dönerfleisch über Tage hinweg erneut verkauft,
⚠️ Hygienevorschriften missachtet.
Der Döner, der in Österreich einen Neuanfang machte, wurde erneut durch unethische Geschäftsgebaren beschädigt.
Ein Kommentar unter einem TikTok-Werbevideo eines Dönerverkäufers fasst die Situation treffend zusammen:
„Wie viele Menschen sind gestorben oder wurden vergiftet? Wenn das wahr wäre, wäre dieser Laden doch längst geschlossen, oder? Es gibt ein Jüngstes Gericht.“
Doch muss es wirklich so weit kommen? Wird es erst Menschenleben kosten, damit Dönerverkäufer endlich zur Vernunft kommen? | ©Der Virgül