Weltweites Rennen um Impfstoffe

In der EU – und damit auch in Österreich – wird bisher der Impfstoff von Pfizer und Biontech gegen das Coronavirus schon eingesetzt, jener von Moderna wird bereits ausgeliefert, und das Vakzin des Herstellers AstraZeneca soll demnächst zugelassen werden. Weltweit liefern sich die Länder ein Rennen, Impfstoffe zu ergattern – auch von russischen und chinesischen Herstellern. Gleichzeitig werden weiterhin neue Impfstoffe entwickelt.

Weltweites Rennen um Impfstoffe

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisierte am Donnerstag, dass bisher 95 Prozent aller Impfungen nur in zehn Ländern verabreicht wurden. Alle Länder, die in der Lage dazu seien, sollten sich für eine gerechte Verteilung der Impfstoffe einsetzen, sagte der WHO-Direktor für Europa, Hans Kluge, am Donnerstag. Er forderte mehr Solidarität von Europa, ohne die Spitzenreiter bei den Impfungen zu nennen.

Kluge hob die „enormen Anstrengungen“ der WHO und ihrer Partner hervor, um sicherzustellen, dass jedes Land Zugang zu Impfstoff erhalte. Er verwies unter anderem auf die Covax-Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Impfdosen für die 92 ärmsten Staaten der Welt bereitzustellen.

Pfizer/Biontech mit meisten Zulassungen

Die meisten Zulassungen bisher hat Pfizer/Biontech: Neben der EU haben ihn unter anderem auch die USA und Kanada, Israel, Argentinien und Mexiko, die Schweiz und Großbritannien sowie Bahrain, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zugelassen. In vielen weiteren Ländern läuft das Zulassungsverfahren. Der Moderna-Impfstoff wird neben der EU auch in den USA, in Großbritannien, Kanada, Israel und der Schweiz verwendet. Und AstraZeneca ist bereits in Großbritannien, Argentinien, Mexiko und Indien zugelassen.

Indien setzt allerdings vor allem auf seinen eigenen Impfstoff, der auf jenem von AstraZeneca basiert: Am Samstag hat die Impfkampagne begonnen. Und freilich setzt man beim Serum Institute of India, welches den Impfstoff entwickelt hat, auch auf den Export – Vorrang hat aber zunächst Indien.

„Sputnik V“ nicht nur in Russland im Einsatz

China und Russland exportieren mittlerweile ihre Impfstoffe. Das in Moskau entwickelte Vakzin „Sputnik V“ wird mittlerweile unter anderem in Argentinien, Weißrussland, Serbien und Guinea verimpft. Auch in den Palästinensergebieten soll es ab Februar zum Einsatz kommen, die Autonomiebehörde stellte eine Notfallgenehmigung aus. Über die Wirksamkeit von „Sputnik“ gibt es keine genauen Studien, der Impfstoff wurde am 1. August als weltweit erster zugelassen – ohne Abschluss der Phase-drei-Studie.

Derzeit wird an einer „Light-Version“ des Impfstoffs gearbeitet, der vor allem für den Export produziert werden soll. Für „EpiVacCorona“, den zweiten ins Russland bereits verwendeten Impfstoff, haben sich noch keine internationalen Interessenten gefunden.

Orban liebäugelt mit chinesischem Impfstoff

Ganz anders ist das bei zwei chinesischen Herstellern. Sinopharm wurde mit Jahresende 2020 in China zugelassen und mittlerweile auch in Jordanien und auf den Seychellen. Für einiges Aufsehen sorgte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der auf die Arzneimittelbehörde seines Landes Druck ausgeübt hat, Sinopharm zuzulassen. Orbans Schachzug wird vor allem als Kritik an der EU und der langsamen Auslieferung der bestellten Impfstoffe gesehen. Die ungarische Regierung glaubt, die gesamte Bevölkerung in zwei Wochen impfen zu können. Allerdings: In einer Umfrage wollte sich nur ein Prozent der Befragten mit Sinopharm impfen lassen.

Der zweite chinesische Impfstoff, Sinovac, kommt neben China derzeit in der Türkei breit zum Einsatz. Zudem wurde er in Indonesien zugelassen. Ein dritter in Entwicklung befindlicher Impfstoff, CanSino, soll demnächst zugelassen werden, bisher wurde er das nur für Militärpersonal in China.

Weitere Kandidaten vor Marktreife

Mit Spannung wird erwartet, welche Hersteller als Nächste die Marktreife ihres Impfstoffs verkünden. Feste Lieferverträge schloss die EU auch mit, Sanofi-GSK, Johnson & Johnson und Curevac ab. Mit dem in Deutschland hergestellten Vakzin von Curevac wird im Sommer gerechnet, wie bei Biontech/Pfizer und Moderna handelt es sich um einen mRNA-Impfstoff. Beim in Belgien von Janssen Pharmaceutica entwickelten Impfstoff des Konzerns Johnson & Johnson könnte es noch schneller gehen, von einer Zulassung im Februar ist die Rede. Der Impfstoff der französisch-britischen Pharmakonzerne Sanofi und GlaxoSmithKline (GSK) wird hingegen erst frühestens Ende 2021 fertig.

Die Sondierungsgespräche abgeschlossen hat die EU mit dem US-Unternehmen Novavax, das seinen Impfstoff derzeit mit klinischen Tests in Großbritannien, den USA und Mexiko prüft, und mit dem französisch-österreichischen Biotech-Unternehmen Valneva.

Rund 250 Impfstoffkandidaten

Doch an dem Rennen beteiligen sich etliche Länder und Pharmafirmen: Rund 250 Impfstoffkandidaten listete die WHO auf ihrer Website auf. Besonders weit will man in Kasachstan sein: Der dort entwickelte Impfstoff soll sich nach Behördenangaben schon in der Phase-drei-Studie befinden. Viel mehr ist aber nicht bekannt.

Für Schlagzeilen sorgte zuletzt Kuba: Das staatliche kubanische Finlay-Impfinstitut will einen selbst entwickelten Impfstoff im Iran testen, weil auf der Insel selbst die Pandemie zu wenig schwer verlaufen ist. Der Iran stimmte zu – auch weil er keinen westlichen Impfstoff importieren will. Eine weitreichende Phase-drei-Studie von Soberana 02 soll nun im Iran erfolgen./ORF

Yayınlama: 16.01.2021
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