Forciert die SPÖ Wien eine Einflussnahme aus der Türkei auf die Wiener Wahlen?

Je näher die Wahlen in Wien rücken, desto stärker geraten die politischen Gleichgewichte nicht nur durch Parteiprogramme, sondern auch durch Veränderungen im Wahlverhalten ins Wanken. Die SPÖ, die viele Jahre lang als die „natürliche Anlaufstelle“ für Wähler:innen mit türkischem Hintergrund galt, scheint diesen automatischen Rückhalt allmählich zu verlieren.

Einst war die SPÖ für türkeistämmige Wähler:innen ein Symbol für soziale Rechte, Gleichheit und eine Politik gegen Diskriminierung. Doch dieses Image hat im Laufe der Zeit Risse bekommen. Die SPÖ hat durch ihre distanzlose Haltung zur türkischen Politik und ihre widersprüchlichen Positionen in der lokalen Migrationspolitik viel Vertrauen verspielt. Die SPÖ ist heute kaum mehr als eine politische „Stadtlegende“.

Auch wenn der SPÖ bei den kommenden Wahlen Stimmenverluste prognostiziert werden, gilt ihr Wahlsieg weiterhin als wahrscheinlich. Doch der jüngste Schritt der Partei wirft Fragen auf und erweckt den Eindruck einer möglichen langfristigen politischen Einflussnahme.

Einladungen vor der Wahl: Zufall oder Strategie?

Dass die SPÖ-geführte Stadt Wien kurz vor den Wahlen Bürgermeister aus der Türkei – und das ausgerechnet von der Regierungspartei AKP – einlädt, lässt sich kaum als rein technische Besuchsreise deuten.

Zwar werden die Treffen offiziell unter dem Motto „moderne Abfallwirtschaft und nachhaltige Entwicklungsstrategien“ geführt, doch der Zeitpunkt wirft Fragen auf: Fünf AKP-Bürgermeister wurden kurz vor der Landtagswahl am 27. April 2025 in Wien empfangen – ein politisch brisanter Moment.

Was steckt hinter diesen Einladungen?

War die Einladung der Bürgermeister aus Städten wie Samsun, Yozgat und Sakarya, aus denen viele Menschen nach Wien ausgewandert sind, reiner Zufall?

Warum hat die SPÖ-geführte Stadt Wien keine Bürgermeister aus der Schwesterpartei CHP eingeladen?

Angesichts der Tatsache, dass viele türkeistämmige Wiener:innen mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, könnte man vermuten, dass diese Besuche eine unterschwellige Wahlbeeinflussung darstellen sollen.

Auch wenn die Einladungen möglicherweise vor Bekanntgabe des Wahltermins geplant wurden, hätte die Stadt Wien sie mit Beginn der Wahlkampfphase absagen müssen. Denn diese Besuche können leicht als „Einmischung aus dem Ausland“ in den Wahlkampf interpretiert werden.

Hat die SPÖ Wien darüber nachgedacht, wie andere politische Parteien diese Einladungen bewerten könnten? Was passiert, wenn diese Besuche öffentlich als „Einflussnahme aus der Türkei“ kritisiert werden?

Auch aus Sicht der AKP bedenklich

In einer Zeit, in der selbst Social-Media-Posts zur Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu strafrechtlich verfolgt werden, wirkt die Teilnahme AKP-naher Bürgermeister an einem Besuch in Wien besonders fragwürdig – zumal das Wiener Gemeinderatsplenum am 26. März 2025 eine Resolution mit dem Titel „Sorge über Entwicklungen in der Türkei“ verabschiedet hatte.

In dieser Resolution wurde auf den weltweiten Anstieg autoritärer Tendenzen und auf die Einschränkungen der Befugnisse lokaler Verwaltungen hingewiesen. Zudem wurde betont, dass İmamoğlus Inhaftierung den demokratischen Prozessen schade.

Selbst während der intensiven Wahlkampfzeit in der Türkei 2023 waren nicht so viele AKP-Politiker:innen in Österreich aktiv – die jetzigen Besuche kurz vor der Wien-Wahl sind also auch zeitlich auffällig.

Wurden mögliche diplomatische Spannungen berücksichtigt?

Falls es zu diplomatischen Spannungen kommt – wer trägt dann die Verantwortung? Die AKP-Vertreter:innen in Österreich? Das schweigende AKP-Zentralkomitee in Ankara? Oder doch die SPÖ Wien?

Das Wahlverhalten der türkeistämmigen Bevölkerung verändert sich

Eines ist klar: Die türkeistämmigen Wähler:innen in Wien werden ihre Stimme nicht mehr blind der SPÖ geben. Diese Wahlperiode könnte ein Wendepunkt sein, bei dem politische Entscheidungen nicht mehr über die Migrationsgeschichte, sondern über soziale Klassenlage und lokale Probleme getroffen werden.

Konkrete Projekte, realistische Versprechen und authentische Kandidat:innen dürften in Zukunft mehr zählen als politische „Legenden“ aus der Vergangenheit.

Yayınlama: 08.04.2025
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